20 Jahre praktische Solidarität mit Flüchtlingen und Migrant_innen

1995 wurde das Café Exil als Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen gegründet. Die Eröffnung gegenüber der zentralen Ausländerbehörde war eine Reaktion auf die faktische Abschaffung des Asylgrundrechts zu Beginn der 1990er Jahre. 20 Jahre später sind wir stolz, uns trotz Problemen unsere politische und finanzielle Unabhängigkeit bewahrt zu haben. Grund zur Freude gibt es aber wenig. Zum 20. Jahrestag stellen wir fest, dass die Missstände der Gründungsjahre gerade eine üble Wiederkehr erleben. 2014 wurden wieder „sichere Herkunftsstaaten“ für die Abschottungsreflexe der BRD benutzt, ungeachtet dessen, dass Roma in den Westbalkanstaaten nachgewiesen schutzbedürftig ist. Aktuell werden die hohen Zugangszahlen zur Mehrheitsbeschaffung für eine weitere Aushöhlung des Asylrechts missbraucht, um ebenfalls Albanien, Kosovo und Montenegro realitätsfern zu solchen „sicheren Herkunftsländern“ zu deklarieren. Mit der Debatte zur Wiedereinführung des Sachleistungsprinzips und der Residenzpflicht bei längerer Verweildauer in Erstaufnahmelagern setzt die Regierung auf Maßnahmen, von denen sie selber weiß, dass sie menschenunwürdig sind.

Das soll Willkommenskultur sein?
Das steht im krassen Widerspruch zum euphorischen Ausrufen einer neuen Willkommenskultur in Deutschland. Fotos von Politikern, die Kleinkindern Kuscheltiere schenken, und Menschenaufläufe, die erschöpften Flüchtlingen Äpfel aufdrängen, sind keine Errungenschaften in einem Land, das erst im August deutliche Verschärfungen im Aufenthaltsrecht in Kraft gesetzt hat. Ein Deutschland, das am Dublin-III-Prinzip festhält, obwohl sich dessen Scheitern in diesen Tagen deutlicher denn je zeigt. Wo die Abschiebungen im ersten Halbjahr rapide (42%) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen sind und mehr als 120.000 Menschen prekär mit einer Duldung leben.

Fehlender Fokus auf Kindeswohl
Selbst bei besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen, wie unbegleitete Minderjährige (UMF), dominiert eine Behandlung als Verteilungsproblem, wenn zum nächsten Jahr das Umverteilungsgesetz in Kraft tritt. Ein permanenter Skandal bleibt die pseudowissenschaftliche Alterseinschätzung von UMF ohne Altersnachweis mit den dramatischen Konsequenzen bei Aberkennung der Minderjährigkeit. Hamburg hat eine unrühmliche Vorreiterrolle bei erzwungenen Altersschätzungen und ihrem Missbrauch, um die betreuungsintensive Aufnahme Minderjähriger zu vermeiden. Aber selbst, wenn die Erstaufnahme klappt – wir dokumentieren mit dem Infomobil bereits seit drei Jahren, welche Probleme im Kinder- und Jugendnotdienst in der Feuerbergstraße bestehen. Dazu gehören die Essenversorgung, Sanktionen, Gewaltübergriffe des Sicherheitspersonals, mangelnde Aufklärung über Rechte u. m. (Mehr dazu hier.)

Angesichts dieser Schlaglichter besteht kein Grund zum Jubeln. Aber die Jubiläen 20 Jahre Café Exil und drei Jahre Infomobil für UMF boten für uns den Anlass, den Einsatz vieler Beteiligter über die Jahrzehnte zu würdigen und gemeinsam mit den der Aktivist_innen, befreundeten Antira-Gruppen und Betroffenen zu überlegen, wie die Kämpfe in Zukunft weitergehen. Für eine echte Willkommenskultur, gegen Rassismus und Nationsdenken.

Café Exil

Hammer Straße 10
22041 Hamburg
Tel: 040 23 68 216 oder
040 88 23 86 82
Fax: 040 63 67 31 02

Öffnungszeiten:
Montag 10:00-13:00 & 15:00-18:00
Dienstag 09:00-13:00
Mittwoch geschlossen
Donnerstag 15:00-18:00
Fr: 10:00-13:00 nur für FRAUEN / women-only
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