Beobachtungen aus der Zentralen Erstaufnahme in Hamburg

Kurze Erklärung für alle, die diese Behörde nicht kennen:
Die zentrale Erstaufnahme befindet sich seit Anfang Juni 2014 in der direkten Nähe des Harburger S-Bahnhofs, in einem alten Postgebäude. Hier müssen sich Asylbewerber_innen und alle Menschen ohne ein Bleiberecht melden.
Das Gebäude ist groß, verwinkelt und unübersichtlich. Es befinden sich einige Zelte und Container auf einer Fläche davor und daneben.

In der zweiten Novemberwoche wurden während Begleitungen in die Erstaufnahmeeinrichtung folgende Erfahrungen gemacht:

Im Warteraum des „Immigration Office“

Um das Büro der Zentralen Erstaufnahme zu finden muss erst mal der eher versteckte Eingang gefunden werden. Davor befindet sich Personal des Sicherheitsdienstes Weko (in und vor der ganzen Behörde eingesetzt). Alle Flüchtlinge und Asylbewerber_innen werden aufgefordert sich auszuweisen. Nach vielen Treppen kann mit Hilfe von Personen, die sich auskennen das „Immigration Office“ im 3. Stock gefunden werden. Der Weg führt durch Flure in denen Menschen untergebracht sind und die separaten Gemeinschaftsbadezimmer benutzen müssen. Es wirkt alles sehr beklemmend und jegliche Art von Privatsphäre wird unmöglich gemacht.
Das „Immigration Office“ besteht aus einem Warteraum, einem Schalter und einer verschlossenen Tür, hinter der die Büros der Sachbearbeiter_innen abgeschottet sind. Hinter dem Schalter arbeitet Personal des Sicherheitsdienstes Weko; klar erkenntlich durch das Tragen ihrer Uniform.

Menschen treten an den Schalter, geben Hausausweise, terminierte Meldeauflagen und sonstige Zettel ab. Das Personal des Sicherheitsdienstes und Übersetzer_innen rufen Personen namentlich auf und lassen sie in den, hinter der Tür liegenden, Flur. Sie erklären dies zum Beispiel mit dem einfachen Wort „Foto“. Alle die zurück in den Warteraum kommen haben eine kleine, durchsichtige Plastiktüte mit einem Käsebrötchen, einem Milchdrink und einem Apfel bei sich. Frühstück als Belohnung.

Auf Bitte um Vorsprache bei den Sachbearbeiter_innen wird sofort abgewinkt. Zurzeit gebe es keine Wartenummern und keine Termine. Auch die Listen für Schwangere und Frauen mit Säuglingen wurden nur vier Wochen gefüllt und sind schon wieder abgeschafft.
Offiziell solle doch morgen wieder gekommen werden – so die Mitarbeiter_innen von Weko.
Durch freundliches Nachfragen wird ein bisschen mehr zur aktuellen Situation preis gegeben. In den Büros arbeiten drei Sachbearbeiter_innen auf Vollzeit, zwei auf Teilzeit und ein Auszubildender. Ein weiterer Mitarbeiter wäre erst kürzlich weggegangen. Gearbeitet werde eh nur wenn es gerade passt. Und im Moment passt es anscheinend gar nicht.
Es wird nur noch als Asylbewerber_in registriert und Umverteilt. Ist Hamburg für eine_n Asylbewerber_in zuständig muss im anderen Teil des Gebäudes, im Erdgeschoss, auf die Notunterbringung im Zelt, Container oder Zimmer gewartet werden. Der Sicherheitsdienst am Schalter macht die Meldung bei der Krankenkasse, gibt Leistungen (wie Geld) aus und fungiert als Türschicht an der kein Vorbeikommen möglich sein soll.
Extrawünsche wie Beantragung einer Duldung, Abgabe von Schreiben von Anwält_innen oder einfach das Bedürfnis mehr als eine Asylantrag auszufüllen werden vom Sicherheitsdienst und den Dolmetscher_innen (auf Anweisung) abgeblockt.

So scheint es in der Zentralen Erstaufnahme nicht möglich mit einer Person zu sprechen, die mit den hoheitlichen Aufgaben auch vom Staat und von der Stadt betraut ist. Dies ist natürlich der einfachste Weg um mit geringem Personal und null Willen auf menschliche Behandlung all jene schnell abzufertigen, die sich kaum wehren können. Denn möchte doch mal wer auf seine Rechte bestehen, geht es nicht weiter. Für einen Termin, mit Vorsprache bei Sachbearbeitern, kann dann beim Verwaltungsgericht ein Antrag gestellt werden. Es ist wohl auch dem Sicherheitsdienst bekannt, das die Sachbearbeiter_innen sich dann bemühen müssen…

Aufnahme nur mit einem Ersatzdokument von der Bundespolizei?!

Erfahrungen zeigen, dass die Existenz des „Immigration Offices“ im 3. Stock vielen Asylantragssteller_innen bei der Ankunft gar nicht bekannt ist.
Sie werden von der im Erdgeschoss für die Notunterkunft zuständigen Security abgefertigt und wenn sie ohne Papiere erscheinen mit Sätzen wie „Ich frag mich immer wie die hierher gekommen sind. Sind die geschwommen?“ begrüßt. Generell herrscht ein rauer Umgangston von dem Personal des Sicherheitsdienstes gegenüber den Geflüchteten.
Da die Sachbearbeiter_innen wie oben erwähnt nicht ansprechbar sind, ist die Security Hauptansprechpartner Nr. 1. Die Überforderung des eingesetzten Sicherheitsdienstes macht sich in vielen Situationen deutlich bemerkbar.
Anscheinend hat die Security neuerdings Anweisungen erhalten, Menschen, die sich ohne Papiere als Asylantragssteller_innen registrieren lassen wollen, abzuweisen.
Die Prüfung der Identität und das Ausstellen eines Identitätsersatzdokuments sollte in einem Fall zunächst von der Bundespolizei übernommen werden, zu der zwei Geflüchtete verwiesen wurden. Aufnahme also erst und nur mit einem Ersatzdokument von der Polizei.
Von Seiten eines Mitarbeiters der Security hieß es, dass dieser Vorgang schon seit etlichen Jahren in den Bestimmungen über die Aufnahme festgeschrieben ist, aber Menschen ohne Papiere kulanterweise trotzdem aufgenommen wurden. Mit den steigenden Zahlen der Asylbewerber_innen könne dies auf Grund der Überlastung der Sachbearbeiter_innen des „Immigration Offices“ von ihnen weiterhin nicht mehr geleistet werden, so dass doch bitte nun die Polizei einspringen und die Identität der Geflüchteten im Vorhinein prüfen soll.
Andererseits scheint die Aufnahme von Menschen ohne Papiere recht willkürlich zu verlaufen, da der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes meinte, dass manche Kolleg_innen die Aufnahme so andere anders handhaben.
Die beiden zu der Polizei geschickten Geflüchteten, die sich nach langer Flucht endlich angekommen und in Sicherheit glaubten, wurden nach Feststellung ihrer Personalien, Fotos schießen und Fingerabdrücke nehmen, dann direkt wegen illegaler Reise festgenommen.
Ab in die Zelle und Warten auf einen Gefangenensammeltransporter, der sie zur erkennungsdienstlichen Behandlung zum LKA nach Alsterdorf bringen sollte.
Von Seiten der Bundespolizei hieß es, normal sei dieser Vorgang nicht, doch das LKA habe Interesse an ihrer Fluchtgeschichte. Es bleibt abzuwarten, ob die Abweisung von Menschen ohne Papiere zum Standard wird.

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